Wenn du glaubst, Kohlenhydrate machen dick, dann wurdest du belogen.
Jahrelang hat man uns eingeredet:
„Low Carb ist der einzige Weg.“
Und was ist passiert?
Die Leute waren platt, reizbar, hatten keinen Pump, keine Energie – und ihre Hormone fuhren Achterbahn.
Ich hab das alles gesehen, bei mir selbst, bei Kunden, bei hunderten Sportlern.
Und weißt du, was sie gemeinsam hatten?
Sie haben vergessen, was Kohlenhydrate wirklich sind:
Treibstoff.
Wie alles begann – die Schuld der Kohlenhydrate
Irgendwann kam diese berühmte Studie – die Acheson-Studie von 1988.
Sie sollte zeigen, dass der Körper Zucker in Fett verwandeln kann.
Und viele zitieren sie bis heute als Beweis, dass Carbs schlecht sind.
Aber kaum jemand versteht, was da wirklich passiert ist.
Lass uns das Schritt für Schritt durchgehen – verständlich, ohne Fachchinesisch.
Die Acheson-Studie – was sie wirklich untersucht hat
Drei junge, gesunde Männer, sportlich, normalgewichtig.
Die Forscher wollten wissen:
Ab wann fängt der Körper an, überschüssige Kohlenhydrate in Fett umzuwandeln?
Das Ganze lief in einem Stoffwechsel-Labor über mehrere Tage – mit exakt kontrollierter Ernährung, Sauerstoffmessung, Energiebilanzierung und Atemgas-Analyse.
Phase 1 – Speicher leeren:
Die Teilnehmer mussten drei Tage lang fast kohlenhydratfrei essen.
Der Sinn war, die Glykogenspeicher in Muskeln und Leber komplett zu entleeren.
Denn Glykogen ist die gespeicherte Form von Glukose – also Kohlenhydraten – im Körper.
Man wollte wissen: Was passiert, wenn diese Speicher danach wieder gefüllt werden?
Phase 2 – Kohlenhydrat-Überladung:
Dann kam der Schock:
Die Männer mussten bis zu 1000 Gramm Kohlenhydrate pro Tag essen – das entspricht fast fünf großen Tellern Nudeln + Brot + Saft + Reis, und das Ganze tagelang.
Ihre Ernährung bestand zu über 85 % aus Kohlenhydraten, mit kaum Fett.
Das war eine regelrechte Kohlenhydratflut – im Alltag isst niemand so.
Phase 3 – Beobachtung und Auswertung:
Jetzt beobachtete man, was der Körper damit macht.
Zuerst passierte das, was man erwarten würde:
Die Kohlenhydrate füllten die Glykogenspeicher – also Muskeln und Leber – wieder auf.
Das waren bei den Männern im Schnitt etwa 15 Gramm Glykogen pro Kilogramm Körpergewicht.
Ein 80-Kilo-Mann konnte also ungefähr 1200 Gramm Glykogen speichern.
Erst nachdem diese Speicher komplett voll waren, begann etwas Neues:
Der Körper fing an, den Überschuss an Kohlenhydraten in Fett umzuwandeln.
Dieser Prozess heißt de novo Lipogenese (DNL) – „Neubildung von Fett“.
Aber – und das ist entscheidend –
das passierte erst, als wirklich kein Platz mehr war.
Nicht bei 300 Gramm, nicht bei 500 Gramm – sondern erst, als tagelang übertrieben wurde.
Selbst dann war der Effekt erstaunlich gering:
Von den rund 475 Gramm Kohlenhydraten, die täglich zu viel waren, wurden etwa 150 Gramm in Fett umgebaut.
Das entspricht gerade mal 15 % des Überschusses.
Der Rest wurde schlicht verbrannt – als Energie.
Was das bedeutet
Die Studie zeigt also nicht, dass Kohlenhydrate „automatisch zu Fett“ werden.
Sie zeigt, dass der Körper erst dann Fett bildet, wenn alle Energiespeicher übervoll sind.
Das ist eher eine Notlösung – kein Normalzustand.
Im Alltag bedeutet das:
Wenn du dich bewegst, trainierst, Muskeln beanspruchst, dann verbrauchst du ständig Glykogen.
Dadurch entsteht Platz, den dein Körper gern wieder auffüllt.
Die Carbs, die du isst, gehen direkt dorthin, nicht ins Fettgewebe, sondern in deine Muskeln.
Nur wenn du über Tage zu viel isst, dich kaum bewegst und zusätzlich viel Fett konsumierst, kippt das System.
Dann läuft DNL wirklich an.
Aber das ist kein normales Szenario – das ist Dauer-Überernährung.
Der wahre Feind: Überschuss + Bewegungsmangel
Das eigentliche Problem unserer Zeit ist nicht der Reis oder die Kartoffel.
Es ist die Mischung aus Fett + Zucker + Bewegungsmangel.
Diese Kombination hält Insulin dauerhaft hoch, blockiert die Fettverbrennung und überlastet die Leber.
Genau so entstehen Übergewicht, Insulinresistenz und chronische Müdigkeit.
Carbs allein sind dafür nicht verantwortlich
sie werden erst in diesem ungünstigen Kontext zum Problem.
Insulin – kein Feind, sondern Werkzeug
Insulin hat einen schlechten Ruf bekommen, völlig zu Unrecht.
Es ist kein „Fetthormon“, sondern ein Transport-Hormon.
Es bringt Nährstoffe dorthin, wo sie gebraucht werden:
Glukose in die Muskeln, Aminosäuren in die Zellen, Bausteine in die Leber.
Gerade nach dem Training ist Insulin dein bester Freund.
Denn dann sind deine Muskeln „hungrig“.
Insulin öffnet quasi das Tor, damit die Kohlenhydrate direkt ins Muskelgewebe wandern, zur Regeneration und Energieauffüllung.
Wer das versteht, nutzt Carbs gezielt statt sie zu fürchten.
Warum Low Carb oft nach hinten losgeht
Viele starten mit Low Carb, fühlen sich anfangs großartig – Gewicht runter, Kopf frei.
Aber nach ein paar Wochen kommt die Kehrseite:
Kältegefühl, Reizbarkeit, Schlafprobleme, schwacher Antrieb.
Das liegt daran, dass der Körper Kohlenhydrate auch hormonell braucht.
Fehlt Glukose, sinkt das aktive Schilddrüsenhormon T3, der Stoffwechsel fährt runter.
Das ist kein Fettverbrennungsmodus das ist Energiesparen.
Kohlenhydrate sind also nicht nur Energie, sondern auch ein Signal an deinen Körper, dass genug Brennstoff da ist.
Carbs und Schlaf – die ruhige Energie
Ein weiterer Punkt, den viele vergessen:
Kohlenhydrate helfen beim Einschlafen.
Sie fördern die Aufnahme von Tryptophan – einer Aminosäure, aus der dein Körper Serotonin und später Melatonin bildet.
Beides brauchst du, um ruhig zu werden und müde zu werden.
Darum schlafen viele besser, wenn sie abends eine moderate Portion Carbs essen, besonders nach einem Trainingstag.
Carbs am Abend sind kein Dickmacher.
Sie sind oft der Schlüssel zu tiefer Regeneration.
Fruktose – der Sonderfall
Aber: Nicht jede Kohlenhydratquelle ist gleich.
Glukose (aus Reis, Hafer, Kartoffeln) wird in Muskeln und Leber gespeichert, das ist gute Energie.
Fruktose (aus Softdrinks, Sirup, Fruchtsäften) wird fast ausschließlich in der Leber verstoffwechselt.
Wenn du’s übertreibst, verwandelt die Leber sie tatsächlich in Fett.
Das nennt sich „hepatische Lipogenese“ und kann langfristig zu Fettleber und Stoffwechselproblemen führen.
Darum:
Obst ja, Fruchtsäfte nein.
Das ist der Unterschied zwischen Nährstoff und Überlastung.
Das richtige Timing
Wenn du Carbs clever nutzt, machen sie dich nicht müde, sondern stark:
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Vor dem Training: leicht verdauliche Carbs – Haferflocken, Banane, Reiswaffel.
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Nach dem Training: stärkehaltige Carbs – Reis, Kartoffeln, Quinoa, um Glykogen zu füllen.
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Abends: moderate Portion, um Cortisol zu senken und besser zu schlafen.
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Zwischendurch: lieber Pausen, kein Dauer-Snacking – sonst bleibt Insulin ständig aktiv.
So nutzt du Kohlenhydrate als Werkzeug , nicht als Gegner.
Der echte Gegner
Nicht die Carbs.
Sondern das fehlende Gleichgewicht.
Wenn du dich bewegst, trainierst, deinen Körper nutzt , brauchst du Kohlenhydrate.
Wenn du den ganzen Tag sitzt, snackst und dich nie auspowerst, dann ist nicht der Reis das Problem, sondern der Lebensstil.
Kohlenhydrate sind kein Feind.
Sie sind ein Spiegel deines Alltags.
Fazit
Kohlenhydrate sind nicht der Grund, warum du zunimmst.
Sie sind der Grund, warum du überhaupt Leistung bringen kannst.
Sie geben dir Energie, Fokus, Wärme, Kraft und Ruhe.
Sie stabilisieren dein Nervensystem, deine Hormone und deinen Schlaf.
Der Schlüssel liegt im Verständnis – nicht in der Angst.
Wenn du Kohlenhydrate richtig einsetzt, werden sie zum Motor deines Fortschritts – nicht zu seiner Bremse.
Hör auf, sie zu verteufeln.
Lern, sie zu nutzen.
Denn Energie ist kein Feind.
Energie ist Leben.
Wissenschaftliche Quellen
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Acheson K.J. et al. (1988) – De novo lipogenesis in humans: metabolic and kinetic studies during carbohydrate overfeeding. Am J Clin Nutr 47(3): 419–429.
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Hellerstein M.K. (1999) – De novo lipogenesis in humans: metabolic and regulatory aspects. FASEB J 13(8): 1157–1169.
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Horton T.J. et al. (1995) – Fat and carbohydrate overfeeding in humans: different effects on energy storage. Am J Clin Nutr 62: 19–29.
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Stanhope K.L. et al. (2009) – Fructose-sweetened beverages increase visceral adiposity and lipids. J Clin Invest 119(5): 1322–1334.
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Serog P. et al. (1982) – Effects of low- and high-carbohydrate diets on thyroid hormones. Metabolism 31(9): 915–919.
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Afaghi A., O’Connor H. (2007) – High-GI carbohydrate meals shorten sleep onset. Am J Clin Nutr 85(2): 426–430.