So, liebe Leute, dann würde ich sagen, wir steigen heute direkt wieder ins Thema Vitamin D ein. Ihr habt ja schon in den letzten Artikeln gesehen, dass Vitamin D ein Riesenspektrum abdeckt.
Bevor wir tiefer einsteigen, möchte ich euch noch ein paar Gedanken zur heutigen Zeit mitgeben. Man sieht es ja sehr, sehr häufig: Viele Leute wollen das Eine für alles. Das Thema Vitamin D zeigt eindrucksvoll, wie wichtig das individuelle Setup ist.
Und das gilt nicht nur für Vitamin D, sondern für viele andere Substanzen auch. Ihr kennt das sicher: „Kollagen hat bei mir für gute Haut gesorgt.“ Von zehn Leuten sagen fünf: „Super!“ – und fünf andere: „Hat bei mir gar nicht gewirkt.“ Und das Verrückte: Alle haben irgendwie recht.
Warum? Weil jeder ein anderes individuelles Setup hat.
Ein Beispiel: Wenn eine junge Dame Kollagen nimmt, aber einen Eisenmangel hat, dann fehlt ein entscheidender Kofaktor für die Kollagensynthese – und sie merkt wenig Effekt. Eine andere junge Dame hat alle Kofaktoren parat, und für sie war das fehlende Puzzleteil einfach das Kollagenpulver – und sie sieht sofort Verbesserungen.
Genau so ist es bei Vitamin D. Und das ist auch der Grund, warum man die Dinge wirklich verstehen sollte.
In der heutigen Zeit von Social Media sieht man immer wieder, dass Menschen sich wünschen: „Bitte, gib mir das eine für alles.“ Klar – das ist menschlich. Jeder will sich besser fühlen, mehr Fett verbrennen, besser schlafen, Muskeln aufbauen. Dieser Wunsch sitzt tief im Kopf, oft aus einer Hilfebedürftigkeit heraus. Aber die Wahrheit ist: Dieses eine Wundermittel gibt es nicht.
Ein Fallbeispiel aus meiner Praxis
Ein 25-jähriger junger Mann kam aus Österreich zu mir ins Coaching. Seine Hauptbeschwerden: ständige Müdigkeit und Verdauungsprobleme.
Wie immer frage ich erstmal: Wie sieht die Ernährung aus? Wie sieht der Alltag aus? Wie oft wird trainiert? Welche Supplemente werden genommen?
Seine Basis war: Vitamin D, Magnesium, Zink und Omega 3. Klingt nach außen erstmal gut. Aber jetzt kommt der entscheidende Punkt: Der junge Mann hatte starke Verdauungsprobleme. Wechselnder Stuhl, Blähungen, mal Durchfall, mal Verstopfung.
Wir machten einen Check-up inkl. Blutwerten. Ergebnis:
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Calcium war da
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Bor mittelmäßig
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Magnesium trotz Einnahme nicht optimal, aber auch nicht katastrophal
Und jetzt kommt’s: Vitamin D hat eine weitreichende Funktion – unter anderem auf den Entgiftungsstoffwechsel. Vitamin D kurbelt diesen an, das heißt Leber, Niere und Darm entgiften stärker. Klingt gut – aber ohne die richtigen Nährstoffe stößt das System an seine Grenzen.
Und hier lag das Problem: Dieser junge Mann hatte Mängel an Vitamin B2, Vitamin B3, Kupfer und Selen.
Warum das problematisch ist
👉 Selen ist super wichtig für die Schilddrüsenfunktion. Habe ich schon ganz, ganz häufig auf Instagram erklärt: Ohne das aktive Enzym, das Selen enthält, kann das Schilddrüsenhormon T4 nicht in das aktive T3 umgewandelt werden. Und genau das führt zu einer verringerten Stoffwechselleistung. Gleichzeitig ist Selen entscheidend für die Glutathionperoxidase – und die ist wiederum ein Schlüsselenzym für die Entgiftung. Ergo, um es kurz zu machen: Wir gehen in einem anderen Artikel noch einmal näher darauf ein. Aber Fakt ist: Ohne Selen läuft weder Schilddrüse noch Entgiftung sauber [1].
👉 Kupfer spielt eine zentrale Rolle im Cytochrom-c-Oxidase-Komplex, einem Schlüsselenzym in der Atmungskette der Mitochondrien. Kurz gesagt: Ohne Kupfer kann deine Zelle den letzten Schritt der Energieproduktion nicht richtig durchführen. Außerdem ist Kupfer wichtig für Kollagenaufbau, Eisenverwertung und das Immunsystem.
Das Problem hier:
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Durch Vitamin D wurde der Turnover hochgefahren → die Entgiftungsleistung ging nach oben
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Gleichzeitig drückte die zusätzliche Einnahme von Zink das Kupfer noch weiter nach unten. (Zink und Kupfer konkurrieren bei der Aufnahme. Viel Zink = weniger Kupfer)
Ergebnis: Das System kam völlig aus dem Gleichgewicht. Und der junge Mann hat nichts Böses geahnt – er hat nur das gemacht, was überall propagiert wird.
Quintessenz
Die Quintessenz daraus: Wir sind bei einem zentralen Punkt angekommen – Entgiftung.
Wenn das Entgiftungssystem nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt ist, verzieht sich das ganze System. Genau deshalb ist es so wichtig, individuell hinzuschauen und nicht einfach blind nach Schema F zu handeln.
Es gibt nicht nur schwarz oder weiß, nicht nur gut oder schlecht. Es kommt immer auf den Kontext an.
Ein kurzer Exkurs
Ich hatte auch schon Athleten, die jahrelang Low-Carb propagiert haben. Von mir bekamen sie erstmal ganz bewusst Cheat-Meals – Pizza, Burger, Nudeln. Warum? Weil der Stoffwechsel so runtergefahren war, dass er wieder angekurbelt werden musste.
Von außen würden viele sagen: „Pizza, Burger? Das ist doch schlecht!“ – Nein. Es ist kontextabhängig.
Und das ist genau der Punkt, der auf Social Media fast immer verloren geht.
Der Dunning-Kruger-Effekt
Es gibt einen bestimmten Effekt, vielleicht habt ihr davon schon mal gehört: den Dunning-Kruger-Effekt.
Der besagt, dass Menschen mit wenig Wissen ein Thema oft überschätzen („Ich weiß alles darüber!“), während Menschen mit viel Wissen ihre eigenen Fähigkeiten eher unterschätzen, weil sie die Komplexität erkennen.
Gerade in der Fitness- und Gesundheitsszene sieht man das täglich: Lautstarke Stimmen ohne tiefes Wissen – und viele, die dem hinterherlaufen.
Fazit & Warnung
Passt auf eure Energie und euer System auf. Befasst euch mit den Themen – nicht oberflächlich, sondern etwas tiefer. Es geht um eure Zeit, euer Wohlbefinden und am Ende um eure Gesundheit.
Übrigens: Dem jungen Mann geht’s wieder gut. Seine Verdauung funktioniert wieder top, und zeitgleich ist sein Motivationslevel deutlich gestiegen. Auch das ist kein Zufall. Eine gute Schilddrüsenleistung und adäquate Kupferlevel sind ganz entscheidend für die Dopaminsynthese. Natürlich spielen da noch andere Faktoren mit rein, ganz klar – aber bei ihm war das Nadelöhr klar erkennbar. Wir haben es gefixt, und er ist heute wieder happy und glücklich.
Und genau deswegen: Passt bitte auf. Szenarien wie dauerhaft niedriges Kupfer, niedrige B2- und B3-Werte oder dauerhaft niedrige Selenwerte sind ein echtes Risiko – bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ihr seht: Supplemente und die richtige Ernährung sind kein Spielzeug, sondern entscheidend, um euren Körper mit den richtigen Stoffen zu versorgen.
Also, liebe Leute: bleibt fleißig, geht ins Studio, trainiert, achtet auf Ernährung, Supplemente – und vergesst auch nicht, ab und zu abzuschalten.
Euer Tobi.
Quellen
[1] Kobayashi R, et al. (2021). Thyroid function in patients with selenium deficiency exhibits high free T4 to T3 ratio and improves with selenium supplementation. Clin Pediatr Endocrinol. PMID: 33446948.